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Gedichte

Sonntag, 1. April 2012

Ein Mann

Es gibt einen Mann. Er hört mich.
Er hört mich auch wenn ich schweige.
Vom Schweigen zum Schwingen
ist es nur ein Buchstabensprung.
Für ihn.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Das ist etwas anderes

Da ist der Vater.
Dort ist der Sohn.
Sie sind miteinander verwandt.
Sonst haben sie nichts miteinander zu tun.
Die Schwester sagt
Er ist auch mein Vater.
Ja, sagt der Sohn, aber das ist etwas anderes.
Der Sohn schreibt einen Brief.
Der Sohn schreibt einen Brief an den Vater.
Der Brief wird gedruckt.
Alle Welt liest den Brief.
Alle Welt sagt
Was für ein verlorener Sohn.
Was für ein trauriger Brief.
Der Vater hält seinen Sohn für einen Käfer.
Er ist auch dein Kind sagt die Schwester.
Ja, sagt der Vater, aber das ist etwas anderes.

Mittwoch, 9. November 2011

Ich lausche der Zeit die Töne ab

Wie alles kommt und weniger spät vergeht.
Wer sich die Schuld auflädt
wandelt als Esel am Abgrund,
aber betritt nicht das Wasser.

Die Vorsicht ist ein Lied aus reinem Nichts.
Wie einer [das bin ich] nacheinander alle Bezüge verloren hat.
Die Versprechen der Sprachlosen eingelöst,
eingeräumt und aufgeräumt.
Frohen Mutes, ein Lied auf den Lippen
(das klingt nicht schön).
Steht auf und versperrt uns die Sicht.
Naseweiß. Aber mit roten Bäckchen.
Schön war sie. Sonst nichts.

Donnerstag, 15. September 2011

Die Zeit der luftigen Einsichten ist vorbei

Mag sein wir erzählen uns nur vom Verschwinden.
Mag sein aus jeder unserer Gesten spricht Angst.
Langnasige Gegebenheiten ziehen vorbei.

Wenn nichts mehr zu sagen ist, soll eins schweigen.
Die immer gleichen Wendungen in sich kehren.
Einer hat den Schlüssel und sagt: ich habs.
Eine hat keine Geduld und gibt auf.

Die wahren Beweggründe derer, die dem Ende zusagen.
Die Träume werden harmloser, durchschaubarer.
Eines Tages erwachte Frau H. nicht mehr,
nachdem sie geträumt hatte, ihr Sohn habe sich in einen Käfer verwandelt.

Was für ein trauriges kleines Leben sie vor sich her schob.
Was bleibt uns übrig, als es aufzuschreiben?
Die Zeit der luftigen Einsichten ist vorbei.

Samstag, 9. Juli 2011

Ein Mann

Ein Mann so gelb wie die Nacht
zerbrechlich wie Laub
mit Augen die mehr sehen als da ist
Augen die sich im Fluss des Vergessens spiegeln
Augen die in der Traurigkeit schwimmen

Er lässt die Tage durch seine Finger gleiten
Die Nächte nimmt er hin mit der Gleichmut der Schlaflosen
Nur die Erinnerung hält er fest
so fest dass es ihm den Atem raubt

Er öffnet das Fenster
Hinter den Sternen hockt das Vergessen
Aber er weiß dass es ihn nicht auslöscht
Er ist seine Erinnerung

Manchmal bei Tag wenn die Krähen auf den Strommasten sitzen
lässt er seine Erinnerung in die Luft steigen wie einen Drachen
damit sie sich verändern kann ohne verloren zu gehen
Sie würde ihn immer wieder finden

Vielleicht kann sie ihre Bedeutung verlieren
aber niemals ihren Platz
unter seiner Haut.

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