Schneewehen
Der Regen, den sie seit Tagen in den Wetternachrichten prophezeien, hängt immer noch schwer in den Wolken. Von Sturm war nie die Rede, aber jetzt rüttelt der Wind am Haus, als würde er es zwischen seine riesigen Pranken nehmen, unschlüssig, ob er es liebevoll oder mit Ernst und Vehemenz schütteln soll, damit es endlich aufwacht, damit es endlich tut, was sich zu tun gehört.
Als wäre der Wind mein Großvater und das Haus der angekündigte Regen, obwohl doch Schnee fallen sollte, im Januar.
So wie damals, im letzten Winter meines Großvaters, als er mürrisch hinter seinem Schreibtisch saß, und ich es nicht länger in der Wohnung aushalten konnte, weil immer noch diese federleichten, weißen Flocken am Fenster vorbeischwebten. Ein weißer Teppich breitete sich über die Landschaft, über grauen Asphalt, rote Pflastersteine und grünen Rasen. Der Schnee deckte alles zu, der Schnee machte alles gleich.
„Großvater, sieh doch“, seufzte ich.
„Ich habe zu tun“, knurrte er zurück.
„Er ist so schön“, ich berührte Großvaters große fleckige Hand, „bestimmt ist noch nie so schöner Schnee gefallen.“
„Schnee ist nicht schön. Schnee ist gefrorener Staub“, behauptete er.
„Ich will eine Spur in den Schnee stapfen“, sagte ich, „und ich will einen Schneemann bauen. Den größten, den ich jemals gebaut habe.“ Großvater sah immer noch auf das weiße Papier auf seinem Schreibtisch.
„Die Nässe des Schnees kriecht durch die Ledersohlen.“ Großvater schien seine Worte zu spüren. Ich sah wie ihm die Kälte von den Sohlen die Beine hinauf kroch. Ich hatte dicke gefütterte Stiefel mit Gummisohlen. Er selbst hatte sie mir geschenkt.
Dann legte er seine Feder auf den Papierbogen, erst jetzt schien er mich wahrzunehmen. Den Schnee konnte er nicht sehen. Er saß mit dem Rücken zum Fenster, weil er bei seiner Arbeit nicht gestört werden wollte. Weder von Kindern noch von Naturphänomenen.
„Die Tiere verschlafen den Winter“, stellte er fest. Aber so wie er es sagte, wusste ich, dass er sich an die Winter seiner Kindheit erinnerte. An die hohen Schneedecken auf den Wiesen und an seine Kinderfüße, die im Schnee versanken. An Kinderhände in Wollfäustlingen, die riesige Kugeln über den Boden wälzten, bis endlich die Schneedecke abgetragen war und der schmutzig braungrüne Winterrasen sichtbar wurde.
Das Weiß macht blind.
Schneeblind.
„Lass uns einen Iglu bauen“, sagte ich und Großvater antwortete:
„In Märchen ist Schnee ein Symbol für das Böse. Denk nur an die Schneekönigin, die Kais Herz gefrieren ließ und ihn, durch die Eissplitter im Herzen, blind machte für alles Schöne.“
Ich bin allein gegangen. Großvater wollte partout keinen Fuß in den Schnee setzen, aber ich weiß, dass er mich vom Fenster aus beobachtet hat.
In Sibirien hängen die Frauen ihre Wäsche in den frostkalten Tag. Nur wenige Minuten vergehen, bis Hemd und Hosen steifgefroren sind. Aber dann, wenn die Wäsche endlich im ofenwarmen Inneren des Hauses getrocknet ist, hat sie einen unnachahmlichen, unvergesslichen Geruch.
Wie ein Leichentuch legt sich der Schnee über die Felder.
Als wäre der Wind mein Großvater und das Haus der angekündigte Regen, obwohl doch Schnee fallen sollte, im Januar.
So wie damals, im letzten Winter meines Großvaters, als er mürrisch hinter seinem Schreibtisch saß, und ich es nicht länger in der Wohnung aushalten konnte, weil immer noch diese federleichten, weißen Flocken am Fenster vorbeischwebten. Ein weißer Teppich breitete sich über die Landschaft, über grauen Asphalt, rote Pflastersteine und grünen Rasen. Der Schnee deckte alles zu, der Schnee machte alles gleich.
„Großvater, sieh doch“, seufzte ich.
„Ich habe zu tun“, knurrte er zurück.
„Er ist so schön“, ich berührte Großvaters große fleckige Hand, „bestimmt ist noch nie so schöner Schnee gefallen.“
„Schnee ist nicht schön. Schnee ist gefrorener Staub“, behauptete er.
„Ich will eine Spur in den Schnee stapfen“, sagte ich, „und ich will einen Schneemann bauen. Den größten, den ich jemals gebaut habe.“ Großvater sah immer noch auf das weiße Papier auf seinem Schreibtisch.
„Die Nässe des Schnees kriecht durch die Ledersohlen.“ Großvater schien seine Worte zu spüren. Ich sah wie ihm die Kälte von den Sohlen die Beine hinauf kroch. Ich hatte dicke gefütterte Stiefel mit Gummisohlen. Er selbst hatte sie mir geschenkt.
Dann legte er seine Feder auf den Papierbogen, erst jetzt schien er mich wahrzunehmen. Den Schnee konnte er nicht sehen. Er saß mit dem Rücken zum Fenster, weil er bei seiner Arbeit nicht gestört werden wollte. Weder von Kindern noch von Naturphänomenen.
„Die Tiere verschlafen den Winter“, stellte er fest. Aber so wie er es sagte, wusste ich, dass er sich an die Winter seiner Kindheit erinnerte. An die hohen Schneedecken auf den Wiesen und an seine Kinderfüße, die im Schnee versanken. An Kinderhände in Wollfäustlingen, die riesige Kugeln über den Boden wälzten, bis endlich die Schneedecke abgetragen war und der schmutzig braungrüne Winterrasen sichtbar wurde.
Das Weiß macht blind.
Schneeblind.
„Lass uns einen Iglu bauen“, sagte ich und Großvater antwortete:
„In Märchen ist Schnee ein Symbol für das Böse. Denk nur an die Schneekönigin, die Kais Herz gefrieren ließ und ihn, durch die Eissplitter im Herzen, blind machte für alles Schöne.“
Ich bin allein gegangen. Großvater wollte partout keinen Fuß in den Schnee setzen, aber ich weiß, dass er mich vom Fenster aus beobachtet hat.
In Sibirien hängen die Frauen ihre Wäsche in den frostkalten Tag. Nur wenige Minuten vergehen, bis Hemd und Hosen steifgefroren sind. Aber dann, wenn die Wäsche endlich im ofenwarmen Inneren des Hauses getrocknet ist, hat sie einen unnachahmlichen, unvergesslichen Geruch.
Wie ein Leichentuch legt sich der Schnee über die Felder.
Weberin - 7. Apr, 10:31