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Fäden verlieren


Ich bin ein Unkraut, das sich selbst kultiviert.
Dieses Jahr, scheint das Jahr des Verzettelns zu werden.
Seit ich den Entschluss gefasst habe, dieses Jahr (auch) dazu zu nutzen, meine von Jahr zu Jahr sporadisch bearbeitetes und dann wieder vertagtes Projekt zu einem Ende zu führen, (wobei völlig offen ist, wo sich das Ende befinden wird; im Papierkorb, oder in einer Datei auf der stolz der Name "Manuskript" prangt) verzettele ich mich in Nebensächlichkeiten. In Projekten, die man gut dazwischen schieben kann, wie z.B. diesen Blog. Oder ich stelle mir überflüssige Fragen (weil ich die eine Antwort kenne und die andere nicht wirklich kennen lernen will), wie die, warum ich das überhaupt tue: einen Blog pflegen und betreuen und fast täglich speisen. Einen Blog, der mir einfach so aus der Hand wächst, der aus diesen Spinnentexten entstanden ist, aus dem Gefühl eine Weberin zu sein, im Netz der Zeit. Ein Gefühl, das mich ja nicht verlassen hat, aber ein anderes Gefühl ist dazu gekommen, das Gefühl, dass ich die Fäden aus der Hand gegeben habe, indem ich jetzt etwas derart persönliches (und damit allgemein Belangloses) aufschreibe. Etwas, das ich nie eingeplant hatte. Ich hatte nie eingeplant, dieses Netz so durchsichtig zu machen, dass man die Weberin dahinter erkennt. Aber dieser Satz ist nicht richtig. Das Netz ist transparent, denn bei aller Inspiration, bei aller Gefangenschaft in längst gewebten Netzen, war ja von Anfang an ich es, die die Fäden ausgewählt und (mehr oder weniger neu) zusammengeknüpft hat.

"Je länger ich davon rede, umso unwirklicher wird alles", schreibt Peter Kurzeck in seinem allerersten Roman, den ich parallel zum "Matrosen von Gibraltar" und dem "Wallenstein" lese. Das kann nicht gut gehen. Aber im Moment weiß ich auch nicht, wie es anders gehen soll. Vielleicht ist das der Grund, warum ich derart persönliches, "allzu persönliches", wie es bei Aléa Torik heißt, die jetzt Geld verlangen möchte für ihre Beiträge, weil Wertschätzung auch in der Kunst längst (noch) nicht vom Geldwert zu trennen ist.
Und jetzt habe ich endgültig den Faden verloren.
Teresa HzW - 11. Jan, 12:53

Wie wahr Sie dieses Gefühl, diesen Eindruck des "Verzettelns zu werden" beschreiben. Was sicher auch mit der Produktion der Text[e] und ihrer Fäden, der Textfäden, zu tun hat, in die sowohl die eine, die Autorin, wie auch die andere, die Leserin, sich gerne verfängt, weil daraus aus dem ineinander sich verwickeln, wieder neue Fäden sich entspinnen. Was dann eigentlich doch gar kein Verzetteln, sondern einen wunderbaren Webteppich aus Texten oder [auf das Netz bezogen] aus miteinander verknoteten Netzen ergibt.
Uuuupss.. hoffentlich habe ich das jetzt nicht zu metaphorisch Gedanken verhangen be-schrieben... sonst... gäb es ja noch eine ganz pragmatische Möglichkeit, liebe Weberin: "Nehmen Sie doch einfach eine Schere und schneiden ein paar Fäden ab. Legen Sie diese Restfäden fein säuberlich nebeneinander in eine Schublade oder in ein schönes Kästchen und wenn Ihnen mal i-r-g-e-n-d-w-a-n-n gar nichts mehr einfallen würde[was ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen kann bei Ihnen ;-)], d a n n ziehen Sie es auf, schauen hinein und holen sich einen dieser bunten Fäden wieder heraus." ;-)

Achja... und falls Sie eine Schere brauchen....
;-)
herzlich Teresa
[wie ich mich freue, dass ich nicht die Einzige bin, die im Nachdenk-Loch sitzt]

Weberin - 11. Jan, 16:47

Ich freue mich, dass Sie einen Weg durch mein Wollknäul gefunden haben, liebe Teresa. Ob mit oder ohne Schere ;-)

Herzlich von einer, die mit im Loch sitzt.
frauWunder (Gast) - 11. Jan, 17:23

zeitgeist

so ähnlich wie Kommentatorin 1 sehe ich das auch. Nichts schlimmes ist es, dieses verzetteln. Nein im gegenteil es ist Zeitgeist.Durch dieses dauer vernetzten, verlinken mit allen und allem mutiert hier noch jeder zum Multidiletant.
Früher bezeichnete man solche Allrounder gern als multitaskingfähig heute sprechen Arbeitspsychologen lieber von Unkonzentriertheit oder Verzettelung. Aber auf alle Fälle ist es mal ein Thema wert. Vll auch in einer speziellen Verzettelungsform

Weberin - 11. Jan, 17:38

Ach schlimm oder nicht schlimm, darum ging es mir nicht so sehr. Ich fühle mich nicht besonders wohl damit, ich fühle mich auch nicht multitaskend, sondern schlicht immer wieder gegen die gleiche Wand rennend. Ist nicht so angenehm, auch nicht mit neuem Namen. Ich bin weder optimistisch, noch schaffe ich es wirklich zu kapitulieren ;-)
Die Verzettelungsform könnte mir gefallen, aber rein zeitgeistlich müsste es eine mit viel Technik sein. Da gebe ich ab an Teresa.
Teresa HzW - 11. Jan, 20:21

Huch... ich bin doch erst noch am "Werden" - ähm was die Technik und so betrifft... noch ganz grün hinter den Ohren... diese Vorschußlorbeeren, die spornen mich an... geben neue Durchhalte-Ausprobier-Energie... danke daher sehr für das dick gewebte Bungee-Seil, das Sie mir hingeworfengewebt, liebe Weberin :-)
parallalie - 12. Jan, 22:55

die behauptung der "längst gewebten netze" ist entropisch und erstickt sich deshalb selbst, weil es als solches das wort netz negiert und eher eine art maschendraht meint. beides widerspricht sich. entweder man meint das eine, das sich immer weiter verknüpfende, oder das andere, das unwandelbar eherne. in beiden fällen ein sehr unterschiedliches baumeln. beides sucht greifnähe. ich glaube, in Döblins "Wallenstein" werden sie eher das eherne finden. ich empfehle den "Manas", das ist hinwiederum ein unentrinnbares rinnen, trotzt allen - trotz aller - klammerungen.

Weberin - 13. Jan, 06:19

Ich danke Ihnen für die Richtigstellung. Ich meinte die Fäden, die ich nie neu erfinde, aber Sie haben Recht, die Netze werden neu gewoben, manchmal kommt allerdings auch nur Maschendraht dabei heraus, der an anderer Stelle seine Berechtigung hätte.
Wallenstein liest sich nicht immer leicht, obwohl der Meister aus jeder Zeile spricht. Im Moment beginne ich gerade die 1918 Bände, die mich vom ersten Wort an gefangen nehmen.
Den Epos, den Sie vorschlagen, kenne ich noch nicht. Danke für den Hinweis, ich werde Ihrer Empfehlung beizeiten nachkommen.
Herzliche Grüße

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