User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

in den bäumen gibt es...
in den bäumen gibt es kaum noch augen die dich rufen der...
Der Wasserhahn - 6. Apr, 12:59
sieht recht ordentlich...
sieht recht ordentlich aus.
bonanzaMARGOT - 30. Jan, 15:32
das ist schade aber natürlich...
das ist schade aber natürlich auch wieder nicht -...
frauminsk - 30. Aug, 22:25
Das Bild, ja, das hätte...
Das Bild, ja, das hätte ich irgendwie kenntlich machen...
Weberin - 30. Aug, 20:36
ich verstehe dich so...
ich verstehe dich so gut, mich würde das auch zweiteilen...
Sofasophia - 30. Aug, 15:07
da hänge ich mich dran...
da hänge ich mich dran und freue mich, dass wir weiter...
rosmarin - 30. Aug, 12:57
Danke Iris, für diese...
Danke Iris, für diese Worte. Ich empfinde es genau...
Weberin - 26. Aug, 08:50
Durch diesen Schritt...
Durch diesen Schritt kann nun etwas zusammenwachsen,...
Iris.8 - 25. Aug, 23:24

Web Counter-Modul

Unsichtbar Spinnen

Zeitnetz_Weberin@gmx.net

Archiv

April 2012
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 
 3 
 4 
 6 
 8 
 9 
10
11
14
15
16
17
19
20
21
22
23
24
25
27
30
 
 
 
 
 
 
 

Schneewehen

Der Regen, den sie seit Tagen in den Wetternachrichten prophezeien, hängt immer noch schwer in den Wolken. Von Sturm war nie die Rede, aber jetzt rüttelt der Wind am Haus, als würde er es zwischen seine riesigen Pranken nehmen, unschlüssig, ob er es liebevoll oder mit Ernst und Vehemenz schütteln soll, damit es endlich aufwacht, damit es endlich tut, was sich zu tun gehört.

Als wäre der Wind mein Großvater und das Haus der angekündigte Regen, obwohl doch Schnee fallen sollte, im Januar.

So wie damals, im letzten Winter meines Großvaters, als er mürrisch hinter seinem Schreibtisch saß, und ich es nicht länger in der Wohnung aushalten konnte, weil immer noch diese federleichten, weißen Flocken am Fenster vorbeischwebten. Ein weißer Teppich breitete sich über die Landschaft, über grauen Asphalt, rote Pflastersteine und grünen Rasen. Der Schnee deckte alles zu, der Schnee machte alles gleich.
„Großvater, sieh doch“, seufzte ich.
„Ich habe zu tun“, knurrte er zurück.
„Er ist so schön“, ich berührte Großvaters große fleckige Hand, „bestimmt ist noch nie so schöner Schnee gefallen.“
„Schnee ist nicht schön. Schnee ist gefrorener Staub“, behauptete er.
„Ich will eine Spur in den Schnee stapfen“, sagte ich, „und ich will einen Schneemann bauen. Den größten, den ich jemals gebaut habe.“ Großvater sah immer noch auf das weiße Papier auf seinem Schreibtisch.
„Die Nässe des Schnees kriecht durch die Ledersohlen.“ Großvater schien seine Worte zu spüren. Ich sah wie ihm die Kälte von den Sohlen die Beine hinauf kroch. Ich hatte dicke gefütterte Stiefel mit Gummisohlen. Er selbst hatte sie mir geschenkt.
Dann legte er seine Feder auf den Papierbogen, erst jetzt schien er mich wahrzunehmen. Den Schnee konnte er nicht sehen. Er saß mit dem Rücken zum Fenster, weil er bei seiner Arbeit nicht gestört werden wollte. Weder von Kindern noch von Naturphänomenen.
„Die Tiere verschlafen den Winter“, stellte er fest. Aber so wie er es sagte, wusste ich, dass er sich an die Winter seiner Kindheit erinnerte. An die hohen Schneedecken auf den Wiesen und an seine Kinderfüße, die im Schnee versanken. An Kinderhände in Wollfäustlingen, die riesige Kugeln über den Boden wälzten, bis endlich die Schneedecke abgetragen war und der schmutzig braungrüne Winterrasen sichtbar wurde.

Das Weiß macht blind.
Schneeblind.

„Lass uns einen Iglu bauen“, sagte ich und Großvater antwortete:
„In Märchen ist Schnee ein Symbol für das Böse. Denk nur an die Schneekönigin, die Kais Herz gefrieren ließ und ihn, durch die Eissplitter im Herzen, blind machte für alles Schöne.“
Ich bin allein gegangen. Großvater wollte partout keinen Fuß in den Schnee setzen, aber ich weiß, dass er mich vom Fenster aus beobachtet hat.

In Sibirien hängen die Frauen ihre Wäsche in den frostkalten Tag. Nur wenige Minuten vergehen, bis Hemd und Hosen steifgefroren sind. Aber dann, wenn die Wäsche endlich im ofenwarmen Inneren des Hauses getrocknet ist, hat sie einen unnachahmlichen, unvergesslichen Geruch.

Wie ein Leichentuch legt sich der Schnee über die Felder.
Sofasophia - 7. Apr, 13:35

mein verhältnis zu schnee war so ähnlich wie in dieser schönen geschicht, als kind meine ich. heute bin ich ein bisschen wie der großvater geworden. wann ist es passiert? wann habe ich dieses kinderfreudige (in bezug auf schnee aber nur) wohl verloren? die nasse kälte - nein, die mag ich nicht. aber ich mag schneelandschaften an sonnentagen in den bergen. immerhin.

Weberin - 8. Apr, 10:45

Das ist ein seltsames Phänomen, dass sich die Dinge nicht ändern, aber unsere Einstellung zu ihnen und damit ändern sie sich scheinbar, während in Wirklichkeit nur wir uns ändern...
Ich wünsche Dir schöne Ostertage [am besten ohne Schnee ;-)]
steppenhund - 7. Apr, 13:59

Sibirien kann aber recht schön sein. Man denke an meinen heutigen Beitrag. Der zeigt allerdings indirekt ein Sibirien im Sommer.

Weberin - 8. Apr, 10:51

Ich finde dieses Bild von den Frauen, die ihre Wäsche in die eisige Kälte hängen, um den einzigartigen Geruch zu ernten, wunderschön, sonst hätte ich es sicher nicht erinnert und in diese Geschichte einschreiben können.
Auch Ihnen schöne Ostertage, Herr Steppenhund!
Sherry_ - 7. Apr, 15:35

Weißt du, ich liebe den Schnee. Ich liebe ihn. Und das Mädchen offenbart und lebt mir diese Faszination für Schnee. Aber ich kenne auch seine Grausamkeit. Und die Sturheit des Großvaters und die subtile Sorge, die ich hinter seinem Versuch, dem Mädchen den Schnell zu desillusioniren sehe, hat in dieser Geschichte für mich einen Grund. Er muss im Krieg gewesen sein, er musste vielleicht damals irgendwo verharren, mitten in einer Schneelandschaft, um nicht entdeckt zu werden. Er musste vermutlich das Atmen reduzieren, denn er, als schwarzer Fleck im Schnee, hätte sofort anvisiert und erschossen werden können. Und deshalb mag er den Schnee nicht. Er dachte an die Tage, in der er nicht mehr wusste, ob er still sitzt, weil seine Feinde noch nicht weg sind oder weil er einfach erforen ist. Und seine Füße mussten taub sein, dann weh tun. Und die Welt muss eintönig gewesen sein, ohne Anfang, ohne Ende, wie in einer Kreiswüste.

Der Schnee kann beides. Wie wir alle eigentlich.

Weberin - 8. Apr, 10:52

Das ist immer wieder ein ganz wunderbares Gefühl, wenn eine Leserin so genau die selbe Szene mit den selben Menschen in das Geschriebene hineinliest, was die Autorin beim Schreiben gelesen hat.
Ich wünsche Dir schöne Ostertage, Sherry!
Moscowitz - 7. Apr, 17:51

Eine zarte, melancholische Geschichte...
Wie dem auch sei, Du weisst was zu tun ist. Wenn es kalt wird, AUF den Tisch setzen.

Weberin - 8. Apr, 11:20

Danke für diesen herrlichen Kommentar. Ich habe laut gelacht beim Lesen. AM Tisch.
Ach so, und weil ja Ostern ist, auch getrost mal unter dem Tisch nachsehen ;-)
der_emil - 7. Apr, 19:32

Dieses möchte ich auf Papier lesen

können. Auf schwerem, haptisch exzellentem, leicht strukturierem Papier.

Am besten noch mit Bleilettern gesetzt.

Dann wäre der vom Text hinterlassene Eindruck noch größer, tiefer. Ich als absoluter Schneeliebhaber versteh das Kind und den Großvater (typisch für Zwilling, oder?), kann mich abwechselnd in beide sehr karg gezeichnete und doch sehr lebendig erscheinende Figuren hineinversetzen. Hineinträumen?

Jedenfalls baut die Geschichte einen kleinen Kinofilm in meinem Kopf, einen, der mir sehr gefällt.

Chapeau!

Weberin - 8. Apr, 11:21

Vielen Dank, Emil, für diesen sehr liebenswürdigen Kommentar.
Und Frohe Ostern!
rittiner gomez - 7. Apr, 19:56

schnee, für morgen wollen die meteorologen hier schnee fallen sehen.

wir lebten ja als kinder fast im ewigen schnee, der für uns immer noch ein wunder ist und endlos vielfältig.

Weberin - 8. Apr, 11:23

Bei uns fiel gestern Schnee.
Vom ewigen Schnee auf die Insel, aber immer das kindliche Staunen bewahren, das klingt fast wie ein Rezept zum Glück.
Ich wünsche jedenfalls Frohe Ostern!
Alexander S. - 7. Apr, 22:07

wirklich

wunderschön geschrieben. Das muß ich mal los werden..

Weberin - 8. Apr, 11:24

Vielen Dank, Alexander und schöne Ostertage!

Suche

 

Status

Online seit 5013 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 6. Apr, 12:59

Credits

Zufallsbild

Duras-mit-ihrer-Mutter

Kleine Angebereien

Dieses Weblog wird archiviert.

Anna
Berge
Das Kind
Der Vater
Die kleine Frau
die Mutter
Fremde Fäden
Gedichte
Inseln
Jede Beschreibung ist falsch
Kleines Einmaleins
Lee
Reisen
Sie
Sieben Jahre
Spinnen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren