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Juni 2011
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Sonntag, 12. Juni 2011

5


Ich erinnere mich nicht, wie wir die Tage bis zur Beerdigung verbracht haben. Das Kind wollte schwarze Kleider für diesen Tag. Ich erzählte ihm, dass die Menschen früher weiße Trauerkleidung getragen haben und das es an einigen Orten der Welt noch heute so sei. Es sah mich verständnislos an.
Nachts fragte ich mich, wie wir ohne Lees Wut zurechtkommen sollten, ohne ihre Kraft.

Dann war es soweit. Das Kind hatte Sonnenblumen in der Hand und ich eine Rose. Was der Pfarrer erzählte, weiß ich nicht. Ich brauchte meine ganze Kraft, um sitzen zu bleiben, nicht nach vorne zum Sarg zu laufen, um ihn zu öffnen und Lee herauszuholen.
"Ein eitles Haschen nach Wind", diese Worte habe ich gehört und den Druck der Kinderhand gespürt. Die Rede war vorbei. Alle erhoben sich, marschierten mit gesenkten Köpfen den Sargträgern hinterher. Und ich war nicht der Prinz, der seinen Dienern befahl, den Sarg in sein Schloss zu bringen. Dabei war Lee doch Schneewittchen.
Mit Hilfe von Seilen, ließen sie Lees Sarg langsam und feierlich immer tiefer in die Erde. Das Kind warf seine Sonnenblume auf den Sarg, weinte und sagte: "Du bist gemein." Dann lief es weg. Ich sah Lee in ihrem Sarg lächeln, weil ich ihre Rose auf dem Weg das Kind einzufangen, verlor.
Wir setzten uns unter einen Baum, etwas abseits von Lees Grab und sahen zu, wie die Trauergesellschaft Lees Eltern kondolierte.
Lees Mutter sah lange zu uns herüber, dann ging sie mit den anderen.

"Sie hat Lee noch einmal gesehen", sagte ich zu dem Kind.
"Aber für uns lebt sie noch", sagte das Kind.
"Immer."

Diesen Monat würden wir die Miete noch ohne Probleme zahlen können. Die größten Sorgen bereitete mir das Kind. Lees Vater wollte, dass es zu ihnen käme. Ich hätte weder die geistige noch die moralische Reife ein Kind zu erziehen, behauptete er.
Und dann, wovon wollten wir leben. Bei ihnen hingegen, wäre das Kind versorgt.
Lee und ich hatten nie über das Sorgerecht für das Kind gesprochen. Für uns war es undenkbar, dass wir uns jemals um das Kind streiten würden. Für unsterblich hatten wir uns wohl auch gehalten.

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