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Juni 2011
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...

Einer behauptet, dass Friedhofsblumen grundsätzlich zweisprachig aufwachsen . Mich macht es traurig, dass ich sofort verstehe, was gemeint ist. Sofort, ohne nachzudenken.
Wäre ich doch mitgefahren, denke ich, auf diesem Schiff, das sich verirren würde. Wer den Kapitän jemals gesehen hat, wusste sofort, das ist ein Mann, dem man sich anvertrauen kann. Er wird niemals tun, was man von ihm verlangt, er wird nie sein Wort halten und immer vom Weg abkommen.
Einer, der anders ist als die tanzenden Tagelöhner, die ihren Weg gehen, ohne zu fragen, die das Schweigen immer wieder unter Myriaden von Worten begraben. Auf diese Weise, denken sie, bleibt ihnen die Sicherheit. Diese Sicherheit, die der Zweifel zerfrisst. Der Zweifel, der im Schweigen wächst, der sich von den unausgesprochenen Worten ernährt.
Und jetzt sind sie hier. Und ich, zu Hause geblieben, spreche mit den Friedhofsblumen. Aber es klingt nicht schön, in keiner der zwei Sprachen.
phyllis - 17. Jun, 20:22

Sie selbst könnten das Geisterschiff sein, und der Käptn, und die Mannschaft. Und Ihre Geschichten, polierte Enterhaken, zögen uns alle längsseits. Und es kümmerte keinen von uns, in wie vielen Sprachen die Friedhofsbumen sprächen, denn, besoffen von Ihrer Melancholie, wir mieden Friedhöfe wie der Teufel das Weihwasser.

Weberin - 18. Jun, 07:17

aber wenn, liebe phyllis, die insel eine friedhofsinsel wäre?
Sturznest - 18. Jun, 07:25

Friedhöfe sind doch kein schlecher Ort, schlechte Schriftstellerblogs sind schlechte Orte, aber Friedhöfe doch nicht
Weberin - 18. Jun, 07:28

es gibt kaum schlechte orte, außer die wo krieg herrscht und gefängnisse vielleicht, alle orte an die man sich freiwillig begeben kann, an denen man entscheiden kann, ob man dort sein will oder lieber geht, das sind alles keine schlechten orte. traurige orte und unangemessene orte vielleicht, aber doch nicht schlecht.
Sturznest - 18. Jun, 07:38

Das behauptest Du :-) Ich halte sie für vertrocknete, schal und selbstverliebte Orte. Orte die man nur besucht, wenn man wissen will, wie es schmeckt, wenn man die eigene Birne vor lauter IChs`s gar nicht mehr erkennen kann
phyllis - 18. Jun, 12:10

Nicht wenn, liebe Weberin, sondern weil. Ich lebe auf einer. Es ist friedlich hier.
DerKraxel - 18. Jun, 18:40

wo krieg herrscht sind manchmal sogar die orte die man am meisten liebt
Sturznest - 18. Jun, 18:49

Weberin - 18. Jun, 19:36

diese orte kann man lieben, wenn man sie verlässt. bleibt man, und es herrscht krieg, ist kein platz für etwas anderes außer angst und dem willen zu überleben.
meine mutter hat nie aufgehört ihre heimat zu lieben, aber sie ist auch nie zurückgekehrt, etwas ist nach dem krieg unwiederruflich verloren.
Sturznest - 18. Jun, 19:48

Ich werde dir da ganz sicher nicht widersprechen, nur, habe ich in Mostar während des Krieges die Hand einer sehr alten Frau berührt, tausend Falten saßen in ihrem Gessicht und ganz bestimmt genauso viel Leid wie Freude und vorallem, diese Frau strahlte so viel Liebe aus, was soll man da sagen. Du hast vollkommen Recht, denn viele Bosnier werden wenn sie zurückgegangen sind, sicher nicht mehr das Land finden dass sie mal geliebt haben und trotzdem bleibt zu mindestens etwas übrig.
Das kann ich von den Sarics berichten, die in Zenica leben, es sind so wunderbar liebenswerte Menschen und dieser Krieg hat nichts daran geänder, aber das widerspricht überhaupt nicht dem was Du geschrieben hast.
Kienspan - 18. Jun, 19:57

Sturznest hat recht.

Die Dinge (und Orte) sind das, wofür wir sie halten.
Was wir wofür halten, darüber miteinander zu sprechen lohnte allemal.
Denn solch geistige Wehen würden schließlich Verständnis gebären. (darin liegt zugleich die unsagbare Bedrohung)
Sherry (Gast) - 17. Jun, 21:06

...

Ja. Friedhofsblumen trösten tagsüber die Hinterbliebenen und nachts flüstern sie mit den Toten. Zweisprachig. Das stimmt schon.

Sturznest - 18. Jun, 20:01

Der Text ist übrigens ganz wunderbar

phyllis - 18. Jun, 23:45

Finde ich auch.
Kienspan - 19. Jun, 00:02

me too.
Weberin - 19. Jun, 08:50

herzlichen Dank. Aber ich habe nur fremde Fäden weitergesponnen. Der Dank geht also an Milchmädchenpresse und die isla volante.

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